bloggt …

… so vor sich hin. Über die Welt. Über die kleinen und großen Dinge des Alltags. Über Begegnungen, Erlebnisse und Verwunderungen.

An dieser Stelle ist davon zu lesen. In beliebiger Unregelmäßigkeit. Mal länger, mal kürzer. Eine Text-Terrine mit ganzen Sätzen. Wohl bekomm’s!

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Herausforderung

Früher war alles – nein, nicht, was Sie jetzt denken – früher, wollte ich sagen, war alles viel, viel schlimmer. Denn:

Wir hatten Probleme. Es gab Schwierigkeiten und hohe Anforderungen. Es galt Hindernisse und Hürden zu überwinden. Wir kamen in Bedrängnis oder gar Not. Wir machten Krisen durch. Fanden uns in Kompliziertheit und Dilemma wieder. Sahen uns Widrigkeiten ausgesetzt. Mussten mit Risiko und Gefahren umgehen. Hatten am Ende gar die Katastrophe vor Augen.

Das ist zum Glück alles vorbei. Denn heute, sehr verehrtes Publikum, haben wir dies alles nicht mehr, heute … und an dieser Stelle ertönt jetzt vor Ihrem geistigen Ohr ein musikalischer Spannungsbogen-Jingle … heute haben wir die – tadaa:

Herausforderung.

Ist das nicht schön?

Herausforderung. In diesem Wort steckt so viel Elan, so viel dynamischer Sportsgeist. Alles ist machbar, lösbar, zu bewältigen und zu schaffen (aber ich fange schon wieder an mit dem Herumsynonymisieren, Entschuldigung). Jedenfalls ist die Herausforderung ein wahres Multitalent in jeglicher Welt- und Lebenslage, ja, so dermaßen multi, dass es einem die Abwechslung liebende Sprache verschlägt.

Wie genau dieser euphemistische Floh namens Herausforderung in unser aller Ohren und schließlich Münder kam, lässt sich wohl genauso wenig ergründen wie der ominöse Weg so manch anderer vermeintlich alternativlosen und wenig ideenreich dem Englischen entlehnten Universalvokabel wie starten, Box oder Fake.

Aber wir wollen nicht kleinlich sein, lassen alle Wörterbücher einfach im Regal stehen und schalten das eigene Gehirn jetzt auf stumm.

Und falls jemand Texte von unten anfängt zu lesen, hier die Zusammenfassung des Kommenden:

Wir finden das mit der Herausforderung, wie soll ich sagen, in 2023 absolut mega!

(30. November 2023)

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Zwischen Lachen und Weinen ist Pudding

Letztens war ich auf dem Friedhof und musste lachen. Nicht sehr laut, mehr so in mich hinein und nur ganz wenig aus mir heraus. Es war so einer von diesen kurzen Auflachern, die mit einem Nasenschnaufen verbunden sind. Ein kleines Für-sich-Lachen. Zurückhaltend oder zurückgehalten, ich weiß es nicht. Ein Lachen jedenfalls, das bei aller Gedämpftheit und Kürze eine ganze Geschichte zu erzählen vermag.

Ich musste also lachen, weil ich an Pudding dachte. An warmen, blubbernden Pudding.

In mir drinnen, da war an diesem Tag so eine Traurigkeit, von der ich nicht wusste, woher sie kam und was sie von mir wollte. Na gut, Letzteres wusste ich eigentlich schon: Sie wollte, dass ich weine. Weil Traurigkeit sich zwar gern wiederholt zu einem Menschen gesellt, aber nicht allzu lange in diesem Menschen verweilen möchte. Sie möchte hinaus, und dafür nimmt sie gern Tränenströme in Anspruch. (Für die Traurigkeit, so scheint mir, ist das ein Vergnügen wie auf dem Rummel: Noch mal! Noch mal!)

Aber da ich mir meine Traurigkeit nicht erklären konnte, wollte ich eben nicht weinen. Vielleicht hatte ich auch Angst, dass es dann so schnell nicht wieder aufhört und ich in einen mir wohlbekannten Traurigkeitssog gerate. Einen Sog, in dem ich für dieses scheinbar grundlose Weinen nach und nach viele schwere Gründe finden würde, bedrückende Erklärungsversuche, die dann darin münden würden, dass mir das menschliche Dasein mal wieder fragwürdig und sinnlos erscheint.

Manchmal ist es ja aber auch so, dass man zwar anfängt zu weinen, aber nach kurzer Zeit merkt: Dieses Weinen ist nicht sonderlich ergiebig. Man wundert sich dann, dass es sich trotzdem gemeldet hat.

Um welche Sorte Weinen es sich handelt, weiß man meistens erst, wenn man sich das Weinen überhaupt gestattet, ihm also gestattet, seinen Lauf zu nehmen.

Dazu fühlte ich mich an diesem Tag nicht imstande. Darum habe ich es zurückgehalten, gedeckelt, unterdrückt. Bis es mir letztlich doch zu viel wurde und ich eine Runde mit dem Fahrrad fuhr, um diesen inneren Stau irgendwie loszuwerden.

Mein Traurigkeitsmagnetismus navigierte mich zum Friedhof. Dort saß ich dann auf einer Bank in der Herbstsonne, es war eine friedliche, besänftigende Stimmung – und da spürte ich es: Wie es in mir drinnen großblasig blubberte. Eine warme, zähe Masse dehnte sich in zufällig hier und da anwachsenden Wölbungen, bis sie als satte Blasen platzten.

Diese zähe, blubbernde Masse, so kam es mir vor, war meine Traurigkeit. Meine Traurigkeit war ein kochender Vanillepudding. Ja, das ließ sich so genau definieren, denn erstaunlicherweise war diese Masse recht hell, sie war vanille-gelb. Und diese Vorstellung des vor sich hin blubbernden Puddings fand ich sehr warm und tröstlich.

Wahrscheinlich war das eine ziemlich schiefe Metapher, die nur in diesem Augenblick seelischer Verwirrung aufging, aber immerhin brachte mich diese seltsame sinnliche Wahrnehmung dazu, kurz aufzulachen. Und das wiederum hatte einen Effekt, als ob ich den Topf vom Herd zöge: der Pudding hörte auf zu blubbern. Jedenfalls für den Moment. Denn im Grunde wusste ich, dass es heilsamer wäre, den Topf wieder auf die Herdplatte zu schieben, um der Traurigkeit die ihr zustehende Gelegenheit zu geben, ins ungehemmte Brodeln zu geraten und als kleine Pudding-Eruption zu enden. Mit angebranntem Bodensatz und allem Drum und Dran. Aber ich hatte noch immer keine Ursache für mein Weinbedürfnis gefunden. Und sowieso nicht genügend Taschentücher dabei.

Wie ich dann über diese wallende Traurigkeit nachsann und allmählich einsah, wie unsinnig es ist, sich in dieses Ringen mit ihr zu begeben, denn am Ende würde sie doch zu ihrem Recht kommen, da wusste ich plötzlich, wie die Pudding-Metapher zu mir gekommen war.

Ich erinnerte mich daran, wie ich damals nach meiner letzten Psychotherapiestunde mit all meiner Abschiedstraurigkeit nach Hause eilte und das starke Bedürfnis verspürte, mir einen Pudding zu kochen. Ich hatte nur Schokopuddingpulver da. Aber das war egal. Ich hatte auch überhaupt keinen Appetit auf Pudding. Auch das war egal. Ich wollte ihn in diesem Moment nur eben ganz dringlich kochen.

Meinen Traurigkeitspudding.

(24. November 2023)

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Ultrasauberes Nilferd

Neulich war ich in einer Schule. Das hatte berufliche Gründe. Ein paar Kindern erzählte ich was vom Pferd. Wobei das nicht ganz stimmt: Nur einem Kind erzählte ich was vom Pferd. Nämlich, dass man es mit P schreibt. Das war nur so eine unaufhaltsame Randbemerkung meinerseits, weil ich auf dem Blatt Papier, das vom Kind zu betexten war, das Wort „Nilferd“ erspähte. Ich war nicht in erster Linie mit diesen Kindern zusammen, um mit ihnen Rechtschreibung zu üben. Es war einfach ein Reflex, dieses von dem Kind in kreativem Prozess notierte Wort zu berichtigen.

Erst hinterher kam mir in den Sinn, dass das „Nilferd“ womöglich Absicht gewesen sein könnte. Denn vielleicht beherrschte das Kind, es muss so um die elf Jahre alt sein, die isländische Sprache und hatte nun ein besonderes Wort geschöpft. Denn ferd – wenngleich das d hier ein Runenbuchstabe sein müsste, den die deutsche Tastatur nicht hergibt – heißt auf Isländisch Fahrt, Reise. Und das Kind hatte offenbar nicht das Tier Nilpferd im Sinn gehabt, sondern ein Abenteuer – eine Nilreise eben! Mit Isländern an Bord oder mit einer isländischen Reederei oder sogar von Island aus zum Nil, ach, die Globalisierung treibt wundersame Blüten, und warum sollte nicht auch eine aufgeweckte Viertklässlerin davon Wind bekommen haben? Und ich Dussel hatte das in meiner pseudo-lehrerhaften Attitüde einfach übersehen und freundlich-mahnend ein korrigierendes P empfohlen.

Und man könnte meinen, ich möchte jetzt damit angeben, dass ich selber auch so ein bisschen Wind bekommen habe, vom Isländischen jedenfalls. Ja, das kann schon sein. Es turnt mir halt immer noch im Kopf herum und will manchmal raus. Die Sätze, die ich einst für meine Island-Ferd auswendig gelernt und sogar zur Anwendung gebracht hatte, die sind eben immer noch da. „Briefmarken nach Europa“ erfragen – kein Problem. Auf die Frage „Wie geht es?“ zu antworten: „So lala“ – kein Problem.

Und noch immer könnte ich genauso souverän in Erfahrung bringen, wo denn die Toilette sei.

Selbige Frage lag mir nach fast 45 Minuten kreativen Beisammenseins mit den Kindern denn auch dringlich auf der Zunge, ohne dass dies einen kausalen Zusammenhang hatte – der Frühstückskaffee war halt durch. (Am Rande bemerkt: Kaffee auf Isländisch ist ganz einfach: Kaffi. Das i spricht man in diesem Falle wie ein e.)

Und so beendete ich die Stunde noch vor dem nichtvorhandenen Pausenklingeln mit einem beherzten „Ach, dann machen wir jetzt einfach etwas früher Schluss“, um frei heraus hinzuzufügen: „Ich muss nämlich mal dringend aufs Klo.“ Kurzes Gekicher in der Schülerinnenschaft. Die Frage nach dem Wo war durch ein munteres Kind schnell geklärt, sicherheitshalber gab es mir noch einen Warnhinweis mit auf den Weg zu den Toiletten: „Ähm, die sind aber nicht ultrasauber.“

Diesen Zustand war ich – in meiner gewissen Eile – gewillt hinzunehmen und fand glücklicherweise eine leere Kabine auf der Mädchentoilette. Noch schmunzelnd über diese komische Episode eben erwartete mich allerdings eine vom wegweisenden Kind nicht erwähnte Kalamität: In der gesamten Kabine war es zwar durchaus sauber, wenn auch nicht ultra-, aber kein Fitzelchen Klopapier zu entdecken.

Erst vermutete ich versäumtes Nachschub-Bereitstellen, hatte dann Schülerinnen-Schabernack im Verdacht, sah andererseits aber auch nirgends einen Rollenhalter, bevor sich in mir die Erkenntnis breitmachte, dass hier womöglich bereits im Toilettenfoyer eine ungefähr benötigte Anzahl von Blättern mitzunehmen wäre.

Zum Glück habe ich aus reichlicher Unterwegstoilettenerfahrung immer einen Notvorrat im Rucksack, und den Rucksack in diesem Falle mit dabei.

Für eine ähnlich papierlose Nil-Ferd wäre ich auf jeden Fall präpariert.

(21. November 2023)

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Psyche im All

Die Psyche ist ein wundersames Ding. Obwohl, ein Ding? Das wäre ja gelacht. Denn mit Dingen wissen wir umzugehen. Die Psyche aber ist kein Ding, leider. Darum ist sie kompliziert. So viel weiß man schon: Sie macht, was sie will. Sie entzieht sich uns. Sie ist kaum erklärbar. Ja, sie ist schwer zu fassen.

Man weiß auch nicht so recht, ob man das überhaupt möchte: die Psyche zu fassen bekommen. Wie würde man sie aufnehmen? Sehr sacht und fürsorglich mit der zur Schale geformten Hand – so als ob man ein winziges Vogelküken in Obhut nähme? Oder doch eher grob, ganz zupackend und bestimmt – damit sie einem auch ja nicht wieder entwischt?

Und wie ginge es dann weiter?

In ersterer Version würde man vermutlich anfangen, mit der Psyche zu sprechen; man würde sie fragend anschauen, sie dann vielleicht tatsächlich etwas fragen, sie schweigen lassen oder erzählen, das ginge anfangs wohl stockend und zögerlich, aber dann gewönne sie bald an Vertrauen und Sicherheit. Und man würde sich hier und da wundern, aber dies vorerst für sich behalten. Man würde sie freundlich anlächeln und sich alsdann bemühen, sie zu verstehen und mit ihr zu interagieren. Ein langwieriger Prozess.

Kürzer, wenn nicht gar sehr kurz, wäre der Prozess in zweiterer Version. Sie ergreifen, umschließen und nicht mehr fortlassen, sie – gezielt oder doch aus Unachtsamkeit – quetschen und letztlich zerdrücken. Dann kurz die Hände aneinander abwischen und mit den wichtigen Dingen des Lebens weitermachen.

Aber nun, da man einen Zeitungsbericht über eine wissenschaftliche Entdeckung las, ist beides hinfällig. Und mal wieder geriet das eigene Weltbild ins Wanken. (Das ist übrigens eine Lieblingsbeschäftigung von Weltbildern: wanken. Aber das nur am Rande.)

Die Psyche also, ich gebe das hier ganz nüchtern wieder, ist: ein kartoffelförmiger, metallhaltiger Riesenklumpen. Ein Schutthaufen im All. An der schmalsten Stelle ist der/die/das Psyche mehr als 230 Kilometer breit.

Und irgendwie hat diese riesige Weltraumkartoffel auch noch mit dem Ursprung der Erde zu tun. Aber diese Erläuterung nahm man vor lauter Erschütterung nur noch sehr unscharf wahr.

(17. November 2023)

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Notizen aus dem Garten

Nun sind die Beete leer. Es gibt nichts mehr zu tun. Der Garten ruht. In diese ernüchternde Realität muss man sich fügen. Ich denke zurück an diese phasenweise Freude, einfach in den Gemüsegarten gehen zu können und etwas zu ernten. Was eben gerade reif ist, alles zu seiner Zeit.

Aber immer noch ist er schön, unser Garten. Auch im Winter wird er schön sein. Anders schön. Er verändert sich. Und es ist ja auch erfreulich, dass man nun – da keine Zucchini und keine Ringelblumen mehr über ihn hinwegwuchern – den selbst angelegten kleinen Ziegelsteinweg wieder sieht. Oder dass die Gräserstauden jetzt erst recht zum Hingucker werden – so ganz ohne blühende Konkurrenz ringsum.

Und etwas Grünes wächst ja doch noch: Winterlauch und Spinat. Hoffen wir, dass die Wühlmäuse daran vorbeibuddeln! Ein paar treue Gewächse wollen mich trösten: Hier und da blühen abermals Phazelie und Ringelblumen. Sogar Kapuzinerkresse und Wicke haben den ersten Frost überstanden. Die wilde Malve hält sich tapfer. Und willkürlich verstreut erinnern charmant-vertrocknete Wildblumenreste an einen bunt blühenden Sommer.

Leere Beete stecken voller schöner Erinnerungen. Leere Beete sind aber auch ein schmerzlicher Anblick. Sie stimmen mich melancholisch – das, was jetzt kommt, verlangt wieder Geduld. Aushalten und Abwarten.

Aber dann, welch Glücksfall, gab es ja doch noch etwas zu tun: reichlich Laub auf die leeren Beete verteilen! Jetzt haben es alle Käfer und Spinnen auch schön kuschelig, so stelle ich mir das jedenfalls vor. Und die Regenwürmer haben einen guten Winterfuttervorrat.

Am frostig-kalten nächsten Morgen ein kurzer Gang in den Garten, bevor es an die Drinnen-Arbeit geht. Und: Was für ein Anblick! Raureif-Kristalle glitzern auf den im Sonnenlicht golden leuchtenden Laubblättern. Jedes Jahr wieder diese unfassbare Freude an der Schönheit des Raureifs – als ob man ihn zum ersten Mal im Leben erblickte.

Ach, wenn das doch auch die Käfer und Spinnen und Regenwürmer sehen könnten …

(13. November 2023)

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Mitleid mit Mützen

Bei den Zeitungsmenschen früherer Tage hieß es: Die Geschichten liegen auf der Straße. Das sollte bedeuten, dass man nur mal vor die Tür gehen muss, die Augen aufmachen, die Ohren auf Empfang stellen, kurz: sein eigenes Beobachtungs- und Wahrnehmungsinstrumentarium auf Betriebstemperatur bringen und schließlich mit einer Story zurück ins Büro kommen. Oder zweien, das war dann noch besser.

Ob dieser Spruch heutzutage auch noch Gültigkeit besitzt, vermag ich nicht einzuschätzen. Sicherlich liegt auch heute noch die ein oder andere Geschichte auf der Straße. Aber ich vermute, sie liegt dort weitaus länger herum, als ihre Ahnen hatten liegen müssen. Es wird über sie hinweggelatscht, sie wird übersehen, es regnet, es wird matschig, die Geschichte sieht immer morbider aus, man möchte sie – so man sie denn sähe – eigentlich auch gar nicht mehr anschauen. Ist ja alles von gestern.

Nicht anders ergeht es krummen Gurken, Äpfeln mit Schorf oder zu kleinen Paprikaschoten im Supermarkt. Die will keiner. Gewollt sind riesige, genormte, makellose Früchte. Behaupten jedenfalls Industrie und Handel: Der Kunde will das so. Mich als Kundin hat noch nie jemand gefragt. Wann und wo werden solche Befragungen durchgeführt?

Aber es stimmt wohl, der moderne Mensch ist eben anspruchsvoll. Man könnte auch sagen: verwöhnt, verzärtelt, ein lachhafter, verbequemlichter Digitalschrumpfkopf. Aber das ist eine andere Geschichte.

Ich wiederum gehöre nun zu der Sorte Mensch, die Mitleid hat mit all diesen vermeintlich unschönen Dingen. Ich habe Mitleid mit dem krummen, zu kleinen und leicht schadhaften Gemüse und – kaufe es (wenn so was überhaupt noch in der Warenauslage zu finden ist!). So wie ich Mitleid mit interessantem Sperrmüll habe – und aus seiner Obdachlosigkeit errette. Und ja, ich habe Mitleid mit den Geschichten, die auf der Straße liegen.

Im aktuell zu besprechenden Fall handelt es sich um Mützen.

Innerhalb von zwei Tagen begegnete ich vier verlorenen Mützen. Und das ist keineswegs metaphorisch gemeint etwa als Umschreibung für verpeilte Mitmenschen, ach je, da habe ich aufgehört zu zählen … Nein, ich meine Mützen.

Sie lagen auf der Straße, auf der Brücke, auf der Kreuzung, auf dem Promenadenweg … wie die sprichwörtlichen Geschichten. Und was habe ich gemacht – es muss alte Gewohnheit aus meiner Zeit bei der Zeitung gewesen sein: Ich habe sie aufgehoben. Zwei jedenfalls. Eine habe ich mitgenommen und gewaschen. Die zweite habe ich aufs Brückengeländer gelegt. Bei der dritten kam ich mir schon komisch vor. Und die vierte sah wirklich übel aus.

Und letztlich: Was will ich auch mit so vielen Mützen? Mein Mitleid hat dann offenbar doch seine Grenzen.

(9. November 2023)